Die NASA-Zwillingsstudie: Die Auswirkungen des Langzeit-Raumflugs auf den menschlichen Körper verstehen

Die NASA-Zwillingsstudie ist eine bahnbrechende Untersuchung über die Auswirkungen eines Langzeit-Raumflugs auf den menschlichen Körper. Durch den Vergleich der physiologischen, molekularen und kognitiven Reaktionen von Astronauten-Zwillingen während einer einjährigen Weltraummission liefert diese Studie wertvolle Erkenntnisse, die die künftige Weltraumforschung prägen und das Wohlbefinden von Astronauten auf längeren Missionen sicherstellen kann. Die Ergebnisse heben sowohl vorübergehende als auch anhaltende Veränderungen auf verschiedenen zellulären, genetischen und physiologischen Ebenen hervor und ebnen den Weg für die Entwicklung von Gegenmaßnahmen zur Minderung potenzieller Risiken während längerer Weltraumreisen.

Physiologische Prozesse, die durch den Weltraumflug beeinflusst werden:

In der Studie werden zehn wichtige physiologische Prozesse identifiziert, die durch einen Langzeit-Raumflug beeinflusst werden. Diese Prozesse dienen als Ziele für die Entwicklung von Maßnahmen zum Schutz der Gesundheit von Astronauten bei künftigen Missionen der Explorationsklasse. Zu den Prozessen gehören Körpermasse und Ernährung, Regulierung der Telomerlänge, Aufrechterhaltung der Genomstabilität, vaskuläre Gesundheit, strukturelle Anpassungen des Auges, transkriptionelle und metabolische Veränderungen, epigenetische Verschiebungen, Veränderungen des Lipidspiegels, Reaktionen des Mikrobioms und kognitive Funktionen. Diese Assoziationen werden auf der Grundlage ihrer funktionellen Bedeutung und ihres Fortbestehens nach der Rückkehr zur Erde in Gruppen mit geringem, mittlerem/unbekanntem und hohem Risiko eingeteilt.

Assoziationen mit geringem Risiko:

Viele physiologische und molekulare Veränderungen, die während des Weltraumflugs beobachtet wurden, kehrten nach der Mission auf das Niveau vor dem Flug zurück. Zu diesen Veränderungen gehörten die durchschnittliche Telomerlänge, die Körpermasse, die Zusammensetzung des Mikrobioms, die T-Zell-Funktion sowie die Zell- und Geweberegulation. Diese Ergebnisse deuten darauf hin, dass diese Faktoren wichtige Biomarker für die Anpassung an den Weltraum sind, aber nur minimale Risiken für Langzeitmissionen darstellen.

Genfunktion:

Die meisten Gene, deren Expression sich während des Weltraumflugs veränderte, kehrten innerhalb von sechs Monaten nach dem Flug in den normalen Bereich zurück. Die beobachteten Veränderungen der Stoffwechselwerte und des Immunstresses beeinträchtigten die Immunfunktionen nicht. Diese Ergebnisse weisen auf die Plastizität und Widerstandsfähigkeit zentraler genetischer, epigenetischer, transkriptioneller, zellulärer und biologischer Funktionen während der Raumfahrt hin.

Telomer-Verlängerung:

In der Studie wurde eine Telomerverlängerung während des Weltraumflugs beobachtet, was mit früheren Ergebnissen bei Astronauten auf kürzeren Missionen übereinstimmt. Die zugrunde liegenden Mechanismen und Folgen dieser vorübergehenden Verlängerung sind noch unbekannt. Allerdings wurden Lebensstilfaktoren wie Stoffwechsel- und Ernährungszustand, körperliche Aktivität und Gewichtsabnahme mit längeren Telomeren in Verbindung gebracht. Die Studie deutet auf einen Zusammenhang zwischen reduzierter Körpermasse und erhöhten Serumfolatspiegeln mit der Telomerverlängerung hin.

Mikrobiom-Veränderungen:

Das Mikrobiom des Magen-Darm-Trakts (GI) unterliegt während des Raumflugs dynamischen Veränderungen, die wahrscheinlich durch die Ernährung und andere Faktoren beeinflusst werden. Obwohl jede Versuchsperson ihre individuellen Mikrobiom-Merkmale beibehielt, wurden während des Fluges größere Veränderungen in der Zusammensetzung und Funktion der mikrobiellen Gemeinschaft beobachtet. Die Veränderungen der Vielfalt des Mikrobioms und der niedermolekularen Stoffwechselprodukte während des Fluges lassen auf funktionelle Anpassungen an den Weltraumflug schließen. Die mit diesen Veränderungen verbundenen Gesundheitsrisiken sind jedoch noch nicht bekannt, dürften aber minimal sein.

Mittlere oder unbekannte Risikoassoziationen:

Die Kollagenregulierung, der Umgang mit intravaskulärer Flüssigkeit und der anhaltende Telomerverlust und/oder die kritische Verkürzung stellen mittlere oder unbekannte Risiken dar, die mit einem Langzeit-Raumflug verbunden sind. Diese Faktoren müssen weiter untersucht werden, um ihre langfristigen Auswirkungen und potenziellen Gesundheitsrisiken für Astronauten zu verstehen.

Hochriskante Assoziationen:

Die Rückkehr zur Erde nach einem Weltraumflug ist mit erheblichen physiologischen Herausforderungen und Stress verbunden. Die Studie hebt das raumfahrtassoziierte neuro-okulare Syndrom (SANS) als potenziell risikoreiche Assoziation hervor. Von diesem Syndrom, das durch Augenprobleme wie ein Sehnervenödem und hyperopische Verschiebungen gekennzeichnet ist, sind etwa 40 % der Astronauten betroffen. Die Studie deutet darauf hin, dass eine Flüssigkeitsverschiebung im Kopfbereich und eine Gefäßverstopfung zu diesen Augenveränderungen beitragen können. Die Beobachtungen unterstreichen, wie wichtig die Überwachung der Augengesundheit und der möglichen langfristigen Folgen für Astronauten ist.

Die NASA-Zwillingsstudie liefert ein umfassendes Verständnis der biomedizinischen Reaktionen des menschlichen Körpers während eines Langzeit-Raumflugs. Die Ergebnisse bieten wertvolle Einblicke in die physiologischen, molekularen und kognitiven Veränderungen, die bei Astronauten auftreten. Durch die Identifizierung von Schlüsselprozessen, die durch die Raumfahrt beeinflusst werden, legt diese Studie den Grundstein für die Entwicklung wirksamer Gegenmaßnahmen zur Minderung potenzieller Risiken bei künftigen Missionen der Explorationsklasse. Die Studie unterstreicht auch die Notwendigkeit, die Forschung im Bereich der mittleren und hohen Risiken fortzusetzen, um das Wohlbefinden der Astronauten während und nach der Raumfahrt zu gewährleisten.

Quellen

1. Wissenschaft, Bd. 364, Nr. 6436, Die NASA-Zwillingsstudie: Eine multidimensionale Analyse eines einjährigen bemannten Raumflugs, Dr. Francine Garrett-Bakelman

The NASA Twins Study: Understanding the Impact of Long-Duration Spaceflight on the Human Body